Biergartenkastanie - Neues Projekt

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Erinnerungen einer Biergartenkastanie
Ein Baumleben und 5 Menschengenerationen


Ein ansonst stummer Zeitgenosse soll hier von einer Zeitspanne, von zwei langen Menschenleben durch die Hand des Verfassers berichten. Eine Zeit, seit der Mitte des 19. Jahrhunderts, bis zum 21. Jahrhundert. Große Fortschritte für Zivilisation und Technik konnten erreicht werden, aber auch von Kriegen und Schicksalsschlägen muss berichtet werden. Die Geschichte der Gastwirtfamilien, ihrer Gäste und die Dorfbewohner sind eingebettet in den dörflich bäuerlichen Lebenszyklus, sie werden aber auch Teil politisch, wirtschaftlichen und kriegerischen Ereignisse in Deutschland und Europa

Fünf Besitzerfamilien und einige Pächter begleiten meinen Weg durch 1 1/2 Jahrhunderte. Gepflanzt wurde ich vermutlich von dem Wirt Wolfgang Wintermeier, an meinem heranwachsen konnte er sich nicht mehr erfreuen, denn er wurde im Winter des Jahres 1860 bei der Waldarbeit von einem Baum erschlagen. Seit 1845 war die Familie Wintermeier nun auf dem Hof mit der Gastwirtschaft und bewirtschafteten ihn noch bis zum Jahre 1888.
Josef Wintermeier, der Sohn des Wolfgang Wintermeier starb schon 1883 mit 36 Jahren an Lungenschwindsucht.

Seine Witwe Anna Wintermeier heiratete am 28 Juni 1888 den Michael Petzenhauser aus Steinach. Die nun in 2. Ehe verheiratete Anna Petzenhauser musste weitere schwere Schicksalsschläge hinnehmen, ihr Mann Michael starb 1914 61 jährig. Weit schlimmer traf es die zweifache Witwe als 1916 der älteste Sohn Hermann und dann der jüngste Sohn Gottfried in Krieg, den man später den I. Weltkrieg nannte, gefallen waren. Nachdem die Anna Wintermeier 1917 gestorben war, übernahm der einzig überlebende Sohn Ignaz die Gastwirtschaft und den Hof.
Ignaz Petzenhauser verheiratete sich 1919 mit Katharina Füchsl aus Oberwinkling, das Ehepaar bewirtschaftete den Hof und die Gastwirtschaft bis an der Zeit war in Ruhestand zu gehen.


Nachdem die Familie Petzenhauer mehr als 70 Jahre auf dem Anwesen Pfelling Nr. 9 Land- und Gastwirtschaft betrieb, erwarb in den frühen 1960er Jahren der Metzgermeister Eduard Penzkofer mit seiner Frau Centa das Gasthaus. Eine neue Ära begann nun auf dem uralten Anwesen, dass schon um 1618 in den Pfarrmartikel von Pfelling nachweisbar ist. Den Schwerpunkt des Geschäfts bildet nun die Metzgerei, die Familie Penzkofer betreibt in der nahen Kreisstadt Bogen ein Metzgereigeschäft, auch in Pfelling wird ein Metzgerladen eingerichtet. Die aufblühende Gastwirtschaft, ortsfremde Gäste besuchen nun den Biergarten, wird von den Wirtsleuten bestens versorgt. Anfang der 1970er Jahre zwingt ein schwerer Autounfall Eduard Penzkofer zur Aufgabe der Metzgerei und Gastwirtschaft.
Bis 1980 verpachten die Penzkofers die Gastwirtschaft an verschiedene Pächter.

Mit Maria und Xaver Geiger vom Nachbaranwesen, bekommt das Wirtsanwesen einen neuen Besitzer. Nachdem schon die Penzkofers einige Baumaßnahmen auf dem Anwesen durchführten, begann mit Xaver Geiger eine neue Bauphase. Mehr und mehr wird es nun Mode nach Feierabend und am Wochenende in einem Biergarten einzukehren. Maria Geiger die bisher als Bauersfrau Kinder und Hof versorgt hat, versorgt nun vor allem im Sommer viele Gäste mit Brotzeiten und Essen, ihr Mann der Xav. regiert hinter der Theke beim einschenken.

Ihm Jahr 1995 übergeben die Geigers die Gastwirtschaft an die Tochter Marile und ihren Mann Wolfgang Fleischmann. Noch einige Jahre arbeiten die Ausnahmwirtsleute mit, die Maria in der Küche und im Gastzimmer, der Xaver aber trainierte noch lange Zeit für die Meisterschaft im Weißbierschnelleinschenken.

Bis in die Jetztzeit bewirtschaften die Fleischmanns Gasthaus mit Fremdenzimmer und vor allem den Biergarten, der vor allem in den letzten 25 Jahren regionale Bekanntheit erlangt hat. Nicht vergessen werden darf, dass die Wirtsleute, wie schon viele Generationen vor ihnen, die Stammtischbesucher gut versorgt werden. Da sorgt schon die Marile, mit verschieden Gratisbrotzeiten, dass keiner vom Fleisch fällt


Große Veränderungen durfte und musste ich seit Mitte des 19. Jahrhunderts beobachten. War doch bis weit in das 20. Jahrhundert hinein Pfelling ein Bauerndorf, in dem bis auf eine Handvoll Menschen, alle in der Landwirtschaft arbeiteten und davon auch lebten. Beginnend mit der Technisierung der Landarbeit und mit dem Strukturwandel der Agrarwirtschaft in Europa, wurden die Beschäftigen auf den Höfen und zuletzt die bewirtschafteten Höfe selber immer weniger. Heute (2007) betreiben gerade noch zwei Betriebe die Landwirtschaft, landwirtschaftliche Nutztiere gibt es im Dorf schon lange nicht mehr. Die Handwerksbetriebe im Dorf, wie Wagner, Schmied und Sattler die für Landwirtschaft arbeiteten, wurden ab den 1960er Jahren nicht mehr gebraucht und gaben ihre Betriebe auf, so wie früher schon der Schuster und etwas später der Schneider, auch die Schreinerei wurde nicht weitergeführt.

Auch das gesellschaftliche Leben im Ort hat sich stark verändert. In den ersten hundert Jahren, an meinem Platz vor dem Eingang zum Wirtshaus stehend, habe ich viele dutzend Hochzeiten erlebt. Am Vormittag wurde vom Hochzeitslader der Hochzeitszug aufgestellt, mit Brautführer, Musikkapelle, den Gästen und der Dorfgemeinschaft, zog das Brautpaar zur Kirche und nach der Trauung zurück zum Wirtshaus. Die Musikanten stellten sich nun vor dem Eingang auf und spielten jedem ankommenden Gast ein kleines Ständchen, sie spielten die Gäste hinein wie man sagte. Eine Bauernhochzeit dauerte mit Trauung, Hochzeitsmahl, der Brautentführung, (sBrautstehlen) dem besichten des Kammertwagen und der Sach des Brautpaares, (das Anwesen) und dem Schenken, (Übergabe von Geldgeschenken der Gäste an das Brautpaar) auch Danga genannt, vom Vormittag bis spät in die Nacht. Zum Tanz wurde vom Mittagsmahl bis zur Mitternacht und später aufgespielt, nicht zu vergessen die mehr oder weniger gut gereimten, lustig und zum Teil derben Gstanzln des Brautführers und auch der Gäste.

Viele Generationen Pfellinger Schulkinder gingen seit dem Jahre 1705 über 260 Jahre lang, auf ihrem Schulweg zum Schulhaus, dass neben der Kirche stand, vorbei. Bis 1956 besuchten auch die Kinder aus Entau und Sophienhof die Pfellinger Schule, sie gehörten ja seit der Gründung der Pfarrei bis in die späten 1970er Jahre zu Pfelling.
Der Rest, der vorher schon kleinen Pfarrei, kann sich freuen immer noch mit einem Ruhestandspfarrer besetz zu sein.
Trafen sich und treffen sich auch Heute noch auf dem Platz vor dem Wirtshaus die Vereine zu ihrem Gang zu kirchlichen Festen und zu Beerdigungen. Auch große Feste der Gemeinde und Pfarrei wie Fahnenweihen und Gründungsfeste, nahmen hier ihren Anfang. Von verschiedenen Priesterjubiläen ist zu berichten und sogar von drei Primizfeiern.

Von vier Kriegen seit der Mitte des 19. Jahrhunderts muss leider auch berichtet werden.
1866 Deutscher Krieg: zwischen Preußen und dem Norddeutschen Bund gegen Österreich, Bayern, Sachsen (Süddeutscher Bund) Die Süddeutschen verlieren vernichtend. Kampfhandlungen in unserer Heimat gab es nicht-

1870 71 Deutsch- Französischer Krieg: Die verbündeten deutschen Heere konnten den Krieg in Frankreich schnell für sich entscheiden. Nach der Belagerung und Einnahmen von Paris, 1871 Ausrufung des deutschen Kaiserreiches in Versailles.
Über Teilnehmende Soldaten aus der Pfarrei ist nichts bekannt



1914 -1918 erster Weltkrieg: Deutsches Kaiserreich, Kaiserreich Österreich Ungarn, Türkei (Mittelmächte) auf der einen Seite gegen Frankreich, Belgien, England, zaristisches Russland und später USA auf der anderen. Im weiteren Kriegsverlauf erklärten weitere Staaten aus der ganzen Welt den Mittelmächten den Krieg.
Im Osten kann Feldmarschall Hindenburg in der Schlacht bei Tannenberg die Truppen des Russischen Zaren schlagen, der Krieg zieht sich aber noch bis 1917(bolschewikische Revolution)hin.
In Frankreich, werden die deutschen Armeen nach raschen Anfangserfolgen aufgehalten und in einen für alle Kriegführenden Parteien verlustreichen Stellungskrieg verwickelt. Am Ende waren in Europa 10 Millionen Tote und 20 Millionen Verwundete zu beklagen.
In der kleinen Pfarrei Pfelling waren es 12 Männer die gefallenen sind.
In Deutschland und Österreich mussten Fürsten, Könige und Kaiser abdanken. Mit der Weimarerrepublik wurde die Demokratie in Deutschland eingeführt, leider war ihr kein Erfolg bescheiden. Schon 1933 errichteten die Nationalsozialisten eine Diktatur, die nie da gewesenes Leid und Elend über Deutschland und Europa brachte.

19 39 – 1945 zweiter Weltkrieg: Deutsches Reich, Italien, Japan als Achsenmächte gegen Polen, Frankreich, Großbritannien, die Sowjetunion und später dann die USA als die Hauptbeteiligen. Es wurden aber alle Staaten, außer der Schweiz, auf dem europäischen Festland in den Krieg verwickelt.

Der Krieg war für Pfelling, als US Amerikanische Truppen von Bogen kommend, in den Mittagsstunden des 26 April 1945 den Ort erreichten, 12 Tage früher zu Ende gegangen.
Da noch bis 28.04.19 45 SS Einheiten von Entau und Sophienhof aus, die US Amerikanischen Truppen beschossen, wurde im Schreiberhof ein Gefechtsstand eingerichtet. (auf dem Dachboden wurde zur Südseite hin ein MG in Stellung gebracht) Im Pfarrhof und in verschiedenen Bauernhäusern, quartierten sich kurzzeitig US Amerikanische Soldaten ein.
Am 29.04.19 45 haben US Amerikanischen Truppen, über Straubing kommend die versprengten SS Soldaten in Ainbrach, Sophienhof und Entau vertrieben, bzw. gefangen genommen.
Mit den Angehörigen der Kriegsflüchtlinge und Heimat-vertriebenen waren in der Pfarrei Pfelling 33 Gefallene und Vermisste zu beklagen.

Auf nahezu 150 Baumjahre konnte ich zurückschauen, ehe ich im Frühjahr des Jahres 2007 der Motorsäge zum Opfer fiel. Beim Bau der neuen Hochwasserschutzmauer wären meine Wurzeln so stark beschädigt worden, dass ich mit meiner mächtigen Krone Wind und Wetter nicht mehr standgehalten hätte. So musste ich weichen, dass Pfarrdorf Pfelling kann nun einen besseren Hochwasserschutz erhalten. Auch hat das Alter mir schon recht zugesetzt. Nachdem vor mehr als 10 Jahren der Sturm einen meiner großen Äste abgebrochen hatte, machten mir Regen und Frost an dieser Wunde zu schaffen. Mit mir musste noch eine Robinie weichen, wir beide haben schon eine Lücke hinterlassen, aber nach der Baumaßnahme werden wieder junge Bäume gepflanzt. Der Biergarten kann dann im Frühjahr 2008 in neuem jungem Glanz erstrahlen.

Pfelling anno Domini 2007

Verfasser: Geiger Josef
Quellen: Pfarrer Strasser die Geschichte der Hoftaverne Pfelling 9; Wikipedia ,

Stand: 02.11.2024



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